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DDR-Gefängnisse

"Strafvollzug war eine tragende Säule der SED-Diktatur. Gegner der SED und andere Abweichler vom Idealbild des "sozialistischen Menschen" wurden inhaftiert und isoliert, die Menschenrechte und -würde der Inhaftierten fundamental verletzt."  (aus: Steffen Alisch. Zwischen Kontrolle und Willkür. Der Strafvollzug in der DDR.)

 

In der DDR waren Untersuchungshaftanstalten (UHA), Strafvollzugseinrichtungen (StVE), Strafvollzugsabteilungen und Jugendhäuser, nicht den Justizbehörden, sondern dem Ministerium des Innern (MdI) unterstellt. Parallel hierzu hatte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) 17 eigene Untersuchungshaftanstalten (UHA).

Nachfolgend finden sich Informationen zu den Gefängnissen, die in den vorgestellten Biographien erwähnt werden. 

 

Bezirk Schwerin

Bützow

StVE Bützow-Dreibergen
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StVE Bützow-Dreibergen

Gründung
1832
Anzahl der Gefangenen:
Besonderheiten:
heutige Nutzung:
Justizvollzugsanstalt Bützow

1839 wurde das Gefängnis als Landesstrafanstalt Dreibergen, vor den Toren der Stadt Bützow gelegen, eröffnet. Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte ein Umbau des Gefängnisareals – es blieb die letzte große Veränderung bis in die 1990er Jahre.

Zwischen 1933 und 1945 wurden zahlreiche politische Gegner, Opfer der NS-Rassenpolitik und Unschuldige inhaftiert und zahlreiche Todesurteile vollstreckt. Von Januar bis Mai 1945 ist Dreibergen Hinrichtungsstätte der NS-Justiz.

Nach Kriegsende nutzte die sowjetische Besatzungsmacht die Strafanstalt als Repatriierungslager.

Im Dezember 1946 übernahm die Landesjustizverwaltung Mecklenburg-Vorpommern das Gefängnis, 1951 die Volkspolizei der DDR. Neben kriminellen Häftlingen wurden politische Gegner der SED sowie Opfer von Enteignungs- und "Säuberungswellen" (Stichwort: „Aktion Rose“) inhaftiert.

Ab den 1960er Jahren sind unter den Häftlingen zunehmend auch Menschen, welche die DDR verlassen wollten. „Versuchte Republikflucht“ wurde wichtigster politischer Haftgrund.

Die Strafvollzugseinrichtung (StVE) Bützow war die älteste Strafanstalt im Norden der DDR - und wohl eine der gefürchtesten. Sie gehörte zu den sogenannten drei großen „B“: Bützow, Bautzen, Brandenburg.

Schwerin

UHA des MfS Schwerin
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UHA des MfS Schwerin

Gründung
1916
Anzahl der Gefangenen:
lt. Bauplanung: 76 Zellen für 90 Gefangene
Besonderheiten:
heutige Nutzung:
seit 2001 Dokumentationszentrum für die Opfer der Diktaturen in Deutschland

1916 wurde der Justizkomplex am Schweriner Demmlerplatz mit dem zugehörigen Gerichtsgefängnis eröffnet.

Von 1933 bis 1945 war am Demmlerplatz nicht nur das Amts- und Landgericht ansässig, sondern auch ein Sondergericht für politische Strafsachen und ab 1934 ein "Anerben- und Erbgesundheitsgericht".

Im Untersuchungsgefängnis saßen ab 1933 zunehmend politische Häftlinge. 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bezog die sowjetische Geheimpolizei und mit ihr das Sowjetische Militärtribunal für Mecklenburg das Areal am Demmplerplatz. 

1953 übernahm die Schweriner Bezirksverwaltung für Staatssicherheit die Gebäude und nutzte das Gefängnis bis Ende 1989 als Untersuchungshaftanstalt. 

Bezirk Karl-Marx-Stadt (heute: Chemnitz)

Stollberg

StVE Stollberg (Hoheneck)
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StVE Stollberg (Hoheneck)

Gründung
1864
Anzahl der Gefangenen:
400-1600
Besonderheiten:
heutige Nutzung:

1864 Eröffnung des „Königlich-Sächsischen Weiberzuchthauses“ in Hoheneck bei Stollberg. Ab den 1880er werden die Frauen in die Strafanstalt Waldheim verlegt.

Bis 1950 bleibt Hoheneck Landesstrafanstalt für Männer bzw. Jugendgefängnis für Männer. Zwischen 1933 bis 1934 diente ein Teil des Gefängnisses als frühes Konzentrationslager, da hier Männer (v.a. polit. Gegner und Juden) in „politischer Schutzhaft“ interniert waren.

1950 wurden 1119 Frauen und 30 Kinder aus dem (aufgelösten) sowjetischen Speziallager Sachsenhausen nach Hoheneck verlegt.

Im Februar 1952 wurde Hoheneck zum zentralen Frauengefängnis der DDR – für kriminelle Straftäterinnen und politisch Inhaftierte gleichermaßen. Die meisten politischen Gefangenen waren nach §213 („Republikflucht“) des Strafgesetzbuches der DDR verurteilt. Aktuelle Forschungen beziffern den Anteil der politischen Gefangenen auf ca. 30 Prozent.

Von 1965 bis 1976 gab es in der Strafanstalt Hoheneck eine gesonderte Abteilung für weibliche Strafgefangene zwischen 14 und 18 Jahren.  

Karl-Marx-Stadt (heute: Chemnitz)

UHA des MfS Kaßberg
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UHA des MfS Kaßberg

Gründung
1886
Anzahl der Gefangenen:
184 Zellen
Besonderheiten:
2010 wurde das Areals verkauft; heute mit Wohnhäusern bebaut
heutige Nutzung:
im Oktober 2023 konnte in einem Teilareal der "Gedenkort Kaßberg" eröffnet werden

1886 wurde die Königlich-Sächsische Gefangenenanstalt im Chemnitzer Stadtbezirk Kaßberg errichtet. Bis in die 1940er Jahre entstand ein Haufhaus mit 4 strahlenförmig abgehenden Gebäudeflügeln. 

Von 1933 bis 1945 diente das Untersuchungs- und Strafgefängnis den Nationalsozialisten zur Inhaftierung zahlloser Menschen. In den 184 Zellen saßen neben „gewöhnlichen Kriminellen“ vor allem: politische Häftlinge der Justiz sowie von der Gestapo verhaftete Kommunisten, Sozialdemokraten, Zeugen Jehovas und andere aus der ,,Volksgemeinschaft” ausgegrenzte Personen, darunter Homosexuelle und als „asozial“ Stigmatisierte (Bettler, sog. ,,Arbeitsverweigerer“, Prostituierte).

1945 bis 1952 war das Kaßberg-Gefängnis dem sowjetische Geheimdienst NKWD (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten) bzw. das sowjetische Ministerium für Staatssicherheit (MGB) unterstellt.

Nach der Übergabe an die DDR-Behörden 1952 diente der Gefängnisbau sowohl dem Ministerium des Innern (D-Flügel) als auch der DDR-Geheimpolizei (MfS) als Haftstätte. Im A-, B- und C-Flügel sperrte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tausende politische Verfolgte ein, darunter z. B. Menschen, die der SED-Herrschaft kritisch gegenüberstanden oder versucht hatten, die Grenzen der DDR zu überwinden. 

Bekanntheit erlangte das Gefängnis als zentrale Drehscheibe des deutsch-deutschen Häftlingsfreikaufs. Zwischen 1963 und 1989 erwirkte die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die Freilassung von mehr als 33.000 politischen Häftlingen aus den Gefängnissen der DDR. Diese wurde zunächst aus den einzelnen Gefängnissen der DDR nach Chemnitz verlegt und nach einem mehrwöchigen Aufenthalt im B-Trakt in Sammeltransporten über den innerdeutschen Grenzübergang Wartha/Herleshausen in das Notaufnahmelager Gießen gebracht.

Das Kaßberg-Gefängnis war die größte der insgesamt 17 Untersuchungshaftanstalten der Staatssicherheit.

Bezirk Berlin-Ost

Berlin (Friedrichshain)

StVE Barnimstraße
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StVE Barnimstraße

Gründung
1864
Anzahl der Gefangenen:
Platz für bis zu 500 Häftlinge
Besonderheiten:
1974 geschlossen und abgerissen
heutige Nutzung:
seit den 1990er Jahren "Verkehrsgarten"

Das Frauengefängnis in der Barnimstraße 10, heute unweit des Berliner Alexanderplatzes, existierte von 1864 bis 1974. 

Von 1933 bis 1945 diente das Gefängnis als Untersuchungshaftantalt der Gestapo. Für über 300 weibliche politische Häftlinge war das Frauengefängnis Barnimstraße die letzte Station vor ihrer Hinrichtung in Plötzensee.

Wie in anderen DDR-Strafvollzugseinrichtungen waren auch in der Barnimstraße politische und nicht-politische Häftlinge untergebracht. „Asoziales Verhalten“, „Boykotthetze“ und (versuchte) „Republikflucht“ waren oftmals Gründe für politische Haft.

1974 wurde in Berlin (Köpenick) ein neues Frauengefängnis eröffnet und die Gebäude in der Barnimstraße abgerissen.

Seit den 1990er Jahren wurde auf dem ehemaligen Gefängnisareal ein „Verkehrsgarten“ errichtet.

Seit 2015 gibt es einen „Audioweg durch ein Gefängnis für Frauen und 5 politische Systeme“. 

Berlin (Hohenschönhausen)

UHA des MfS Hohenschönhausen
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UHA des MfS Hohenschönhausen

Gründung
1951 (übernommen)
Anzahl der Gefangenen:
Besonderheiten:
heutige Nutzung:

1951 übernahm das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ein weiträumiges Militärsperrgebiet im Ostberliner Stadtteil Hohenschönhausen vom sowjetischen Geheimdienst. Dieser hatte d ein Speziallager (1945-1946) und eine zentrale U-Haftanstalt (1947-1951) betrieben.

Bis 1960 wurde als Untersuchungshaftanstalt weiterhin die ehemalige Großküche der NS-Volkswohlfahrt genutzt. Die politischen Häftlinge wurden in 68 Zellen im Keller, unbeheizt und fensterlos, eingeschlossen. Ein Gefängnisneubau für 200 Gefangene steht ab 1960 zur Verfügung.

Bis 1989 war die Haftanstalt in Hohenschönhausen das zentrale Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit. Bis zum Ende der DDR waren ca. 11.000 Menschen, überwiegend aus politischen Gründen, in Hohenschönhausen inhaftiert. 

Bezirk Neubrandenburg

Neustrelitz

UHA des MfS Neustrelitz
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UHA des MfS Neustrelitz

Gründung
1879
Anzahl der Gefangenen:
45
Besonderheiten:
heutige Nutzung:
seit 2016 Erinnerungsort Stasi-Untersuchungshaftanstalt Töpferstraße

1879 wurde in der Neustrelitzer Töpferstraße 13 a das Landgericht mit angeschlossenem Gerichtsgefängnis eröffnet.

1933 bis 1945 waren zunehmend politische Häftlinge untergebracht.

1953 wurde das Gebäude an das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) übergeben. Bis 1987 war das Haus Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit. für den Bezirk Neubrandenburg

2016 Eröffnung der Gedenkstätte Erinnerungsort Stasi-Untersuchungshaftanstalt Töpferstraße

Berndshof (bei Ueckermünde)

StVE Berndshof
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StVE Berndshof

Gründung
1952
Anzahl der Gefangenen:
735 (im Jahr 1974)
Besonderheiten:
Arbeitserziehungslager
heutige Nutzung:
2009 geschlossen und viele Gebäude abgerissen

1952 zunächst als Arbeitskommando des Zuchthauses Bützow-Dreibergen gegründet. Das Haftarbeitslager Berndshof war für Strafgefangene mit einer Haftstrafe von nicht mehr als 2,5 Jahren vorgesehen.

Ab 1955 bis 1957 war das Straflager Berndshof auch das zentrale Gefängnis für Militärstrafgefangene.

1962 Umwandlung in Arbeitserziehungslager. Neben regulären Strafgefangenen waren nun auch „Arbeitspflichtige“ inhaftiert, die durch Arbeit umerzogen werden sollten.

1963 bis 1968 erneut als Militärstrafvollzug genutzt.

Ab 1963 waren auch Wehrdienstverweigerer, Bausoldaten und Totalverweigerer inhaftiert.

Nach 1968 waren in Berndshof wieder ausschließlich zivile Strafgefangene untergebracht. In den 1970er und 1980er Jahren befanden sich unter ihnen auch politische Häftlinge.

Im Mai 2009 wurde Justizvollzugsanstalt Ueckermünde geschlossen und viele der Gebäude abgerissen.

Bezirk Rostock

Rostock (Warnemünde)

StVE Warnemünde
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StVE Warnemünde

Gründung
Anzahl der Gefangenen:
Besonderheiten:
heutige Nutzung:

Eintrag folgt

Bezirk Cottbus

Cottbus

StVE Cottbus
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StVE Cottbus

Gründung
1860
Anzahl der Gefangenen:
Besonderheiten:
von 1961 bis 1990 auch UHA (unterstellt dem Ministerium des Innern)
heutige Nutzung:
seit 2012 Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus

1860 wurde das „Königliche Centralgefängnis Cottbus“ eröffnet und bot zunächst Platz für 200 männliche und 50 weibliche Häftlinge.

1933 bis 1945 wurde das Areal erst als Gefängnis für männliche Jugendliche sowie anschließend kurzfristig als reines Männergefängnis genutzt.

Von 1937 bis 1945 waren in Cottbus ausschließlich Frauen inhaftiert. Die Zahl der politischen Häftlinge wuchs ab 1939 stark an. Vielen der Frauen gehörten Widerstandsgruppen an, waren jüdische und polnische Gefangene oder sogenannte „NN-Häftlinge“ vor allem aus Belgien und Frankreich. (Der „NN-Erlass“ galt vom 7.12.1941 bis Ende April 1944 in den von den Nationalsozialisten besetzen Ländern. Er richtete sich gegen Zivilpersonen, die dem Widerstand gegen das NS-Regime verdächtigt wurden. Die Personen wurden nach Deutschland verschleppt, hingerichtet oder in Konzentrationslager deportiert).

Am 15. Februar 1945 wurden große Teile des Gefängnisses bei einem Bombenangriff zerstört. Die überlebenden Gefangenen wurden verlegt.

1945 bis 1951 wurde das Cottbuser Gefängnis provisorisch von der Stadtverwaltung übernommen.

1951 übernahm das Ministerium des Innern der DDR die Haftanstalt und es wurde ab 1954 als reines Männergefängnis geführt.

Seit Mitte der 1960er Jahre wurde Cottbus immer mehr zum Schwerpunktgefängnis für DDR-Bürger, die wegen eines (versuchten) Fluchtversuches verurteilt worden waren, auch andere politische Häftlinge waren in großer Zahl in Cottbus untergebracht.

Von 1961 bis 1990 unterhielt das Ministerium des Innern auf dem Gefängnisareal in Cottbus neben der Strafvollzugseinrichtung auch eine Untersuchungshaftanstalt (UHA). In dieser UHA waren Gefangene meist wegen des Verdachts auf kriminelle Vergehen inhaftiert.

2011 kaufte das Menschenrechtszentrum Cottbus e.V. das Gefängnisareal. Ein Jahr später wurde die Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus eröffnet.  

UHA des MfS Schwerin Blick in Haftzelle nach 1972 (Quelle: BArch, MfS, Abt. XIV, Fo 150, Bild 20)